Zum geplanten Bildungsabbau in Hessen

Resolution des GPRLL

Die Mitglieder des Gesamtpersonalrats der Lehrerinnen und Lehrer beim Staatlichen Schulamt für die Stadt und den Landkreis Offenbach kritisieren die massiven Einschnitte bei der Stundenzuweisung für viele Grundschulen, die gymnasialen Oberstufen, für die Beruflichen Gymnasien und die Schulen für Erwachsene.

Das Kultusministerium begründet als „politische Setzung“ die Kürzungen mit dem Bedarf an zusätzlichen Stellen für Ganztagsangebote, inklusive Beschulung, Deutschfördermaßnahmen (für nicht deutschsprachige Kinder) und zur Aufstockung der Sozialindexstellen.

Das Ministerium hat in der Vergangenheit wiederholt betont, welche herausragende Versorgung den Schulen mit einer Zuweisung von rechnerisch 104% gewährt werde. Vollmundig wurde erklärt, welche wichtigen Dinge, wie z. B. die Profilbildung, dadurch machbar würden. Jetzt ist zu konstatieren, dass viele Schulen durch die Kürzungen, die im Bereich der Grundzuweisung erfolgen, faktisch unter eine Ausstattung der bislang definierten 100% fallen werden. Die angeblich gute Lehrerversorgung erweist sich als Taschenspielertrick.

In der Grundschule sollen die nach §6 der „Verordnung über die Stundentafeln für die Primarstufe und die Sekundarstufe I“ vorgesehenen bis zu 2 Stunden pro Klasse für besondere Fördermaß­nahmen nach Schülerzahl gestaffelt und dabei landesweit 140 Stellen eingespart werden. Klassen mit bis zu 17 Schülern sollen z. B. nur noch 0,5 Förderstunden erhalten. Klassen mit bis zu 21 Schülern erhalten nur noch 1 Förderstunde; lediglich Klassen mit bis zu 25 Schülern erhalten weiterhin 1,5 Förderstunden. Dabei ist zu beachten, dass die durchschnittliche Klassengröße der zu bildenden Klassen ausschlaggebend ist, so dass sich im Einzelfall die Zuweisung nochmals verschlechtern wird.

Die Kürzung der Förderstunden wird sich direkt auf die Unterrichtsqualität in den Grundschulen auswirken. Die Lernbedingungen einzelner Kinder werden sich verschlechtern, Lehrkräfte werden noch weniger in Kleingruppen intensiv fördern können.

Die Richtung ist deutlich: Grundschullehrkräfte sollen mit immer weniger Ressourcen einer Vielzahl von Anforderungen in einem maximal binnendifferenzierten Unterricht bei minimaler Unterstützung gerecht werden. Dies geht zu Lasten der Gesundheit der Lehrkräfte und damit auch zu Lasten der Kinder.

Grundschullehrkräfte haben die höchste Pflichtstundenzahl. Zudem wurden sie in den letzten Jahren mit immer mehr und neuen Aufgaben belastet, ohne dass dies an irgendeiner Stelle im Rahmen der Gesamtarbeitszeit ausgeglichen wurde.

In der gymnasialen Oberstufe soll sich beginnend mit der E-Phase der Schülerfaktor verschlechtern, wodurch allein im kommenden Schuljahr 160 Stellen eingespart werden. Der Schülerfaktor in der Oberstufe soll für die E-Phase um 7,9% ab dem kommenden Schuljahr gekürzt werden soll. Für die Q1/Q2 ist eine Kürzung des Schülerfaktors um 4,5% ab dem Schuljahr 2016/17 und für Q3/Q4 ebenfalls eine Kürzung um 4,5% ab dem Schuljahr 2017/18 vorgesehen.

Die Folgen sind klar:

Die Kursgröße in der Oberstufe wird sich erhöhen, die Möglichkeiten zur individuellen Förderung werden entsprechend geringer. Kleinere Leistungskurse sind nicht mehr möglich, vor allem Schüler mit speziellen Begabungen werden weniger Auswahlmöglichkeiten haben. Die durch zeitaufwändige Korrekturen der Oberstufenklausuren ohnehin große Belastung der Lehrkräfte wird sich weiterhin erhöhen. Damit verschlechtern sich in den nächsten Jahren die Betreuung und das Profil in der Oberstufe.

Für die Kollegien sind die Pläne des Kultusministeriums absurd: Sollen jetzt „eingesparte“ Gymnasiallehrkräfte im Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen und der Deutschförderung von Kindern aus nicht deutschsprachigen Herkunftsländern eingesetzt werden?

Freigesetzte Stunden bedeuten nicht freigesetzte Fachkräfte!

Auf der einen Seite geben, auf der anderen nehmen – das kann doch kein Prinzip der Bildungsversorgung sein!

Wir wollen kein Ausspielen der Anforderungen und kein Aufwiegen zwischen Grundschule und Gymnasium, wir wollen eine verlässliche und kontinuierliche Unterrichtsversorgung für alle! Diese politischen Entscheidungen drücken sowohl mangelndes Interesse an der Bildung der hessischen Schülerinnen und Schüler als auch mangelnde Wertschätzung der Lehrerinnen und Lehrer aus.

Wer Bildungsabbau verhindern will, braucht nicht weniger, sondern mehr Stellen, die von spezifisch ausgebildeten Lehrkräften ausgefüllt werden! 

Der Gesamtpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer beim Staatlichen Schulamt für den Landkreis Offenbach und die Stadt Offenbach (Main)