GEW Mitgliederversammlung kritisiert weltfremde Aufsichtsregelungen

Einstimmig beschlossene Resolution der Mitgliederversammlung der GEW Offenbach Land

Mit Veröffentlichung im Amtsblatt 1/2014 trat Anfang dieses Jahres die neue Aufsichtsverordnung in Kraft. Das HKM begründet die neuen Regelungen mit „erhöhten Gesundheitsgefahren“ und versicherungsrechtlichen Erfordernissen. Bei dem Versuch, „gerichtsfeste“ Regelungen für das heikle Thema Aufsicht zu schaffen, verzichtete der damalige Staatssekretär und heutige Kultusminister Lorz leider darauf, die Experten in den Schulen  mit einzubeziehen – mit dem Ergebnis, dass Praxisferne und Verunsicherungen durch unklare Formulierungen noch zugenommen haben.

Besonders folgende Regelungen hält die GEW Offenbach- Land für skandalös:

 

  • Die Verpflichtung zur Aufsichtsführung an allen Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs, „die der Schülerbeförderung dienen“, bedeutet eine erhebliche Ausweitung der Aufsichtspflicht, weil an mehreren von Schülern genutzten Haltestellen gleichzeitig Aufsichten notwendig sind, bei Schulen mit Ganztagsbetrieb auch mehrfach am Tag. Zusätzlich wird die Verantwortung auch auf fremde Schülerinnen und Schüler ausgeweitet, da sich die Aufsicht „auf die gesamte Einrichtung und auf alle Schülerinnen und Schüler ungeachtet der Schulzugehörigkeit der Aufsichtspersonen“ erstreckt (§ 3). Den Schülerinnen und Schülern soll deshalb „in geeigneter Form mitgeteilt werden, dass sie in der gemeinsamen Einrichtung auch der Aufsicht von Lehrkräften einer anderen Schule unterliegen können.“ Ein unmögliches Unterfangen, nicht nur an stark frequentierten Haltestellen in den Städten. 
  • Ähnliches gilt für die Regelung in § 8 Abs.2, nach der die Aufsicht auf dem Pausenhof „erst beendet werden (soll), wenn alle Schülerinnen und Schüler den Pausenhof verlassen haben.“ Auch diese Regelung entstand in deutlicher Unkenntnis des Schulalltags. Sie ist gerade an Schulen der Sekundarstufe 1 und an ganztägig arbeitenden Schulen aufgrund des Wechsels von Unterricht, Wahl- und Betreuungsangeboten, die auch auf dem Hof stattfinden können, nicht umsetzbar.  An ganztägig arbeitenden Schulen ist es Schülerinnen und Schülern spätestens ab der Mittagspause durchaus erlaubt, sich in Freistunden oder nach Unterrichtsschluss auf dem Schulhof aufzuhalten. Wie soll die aufsichtführende Lehrkraft den aktuellen Status jedes Schülers überprüfen? Etwas mehr Vertrauen in die Kompetenz von Schulleitungen und Lehrkräften, Aufsichtsverpflichtungen sinnvoll zu handhaben, sollte der Dienstherr schon an den Tag legen!
  • Sportlehrerinnen und Sportlehrer sind jetzt auch dienstrechtlich verpflichtet, die von Schülerinnen und Schülern vor dem Sportunterricht „abgelegten Gegenstände“ wie Handys, Uhren und Schmuck u .ä. „sicher zu verwahren“ (§ 18 Abs.2) Gibt es künftig kleine Safes in den Umkleideräumen für Lehrkräfte? Will man hier die Regresspflicht wieder einmal auf die Lehrkräfte abwälzen?
  • Die „Benutzung von Ski, Snowboard oder Rodel“ gehört zu den Veranstaltungen, die nach § 25 Abs.1 und 2 „grundsätzlich frühestens ab der Jahrgangsstufe 5 durchgeführt werden“ dürfen. Unter dieses Verbot für die Grundschulen fallen auch Radwanderungen,  Baden, Wassersport, Eissport, Wanderungen im Hochgebirge oder im Winter, Klettern und der Besuch von Seilgärten und Reiten. Dies stellt nicht nur eine große Einschränkung der pädagogischen Freiheit der Kollegen an den Grundschulen dar, es zeugt auch von einem generellen Misstrauen des HKM gegenüber der Fähigkeit der Lehrkräfte, Gefahren richtig einzuschätzen.

Die Mitgliederversammlung der GEW  Offenbach-Land fordert:

 

  • Schluss mit einer Politik, die Rechtssicherheit für das Ministerium vor pädagogische Argumente stellt!
  • Schluss mit der Abwälzung der Verantwortung auf die Lehrkräfte – Rückkehr zur Erfüllung der Fürsorgepflicht des Landes für seine Beschäftigten!
  • Schluss mit der Ausweitung der Aufgaben von Lehrkräften ohne Bereitstellung der hierfür notwendigen Ressourcen!