Irmgard Baumann erzählte

Von ihrer Großmutter, einer Nähmaschine und der Fa. Frischauf

Gew-Senioren am 22. Juli 2015 im Haus der Stadtgeschichte in Offenbach

Im Rahmen der Tage der Industriekultur hatte unsere Kollegin Irmgard Baumann, die viele Jahre an der Anne-Frank- und der Käthe-Kollwitz-Schule unterrichtete, die kleine Sonderausstellung im Haus der Stadtgeschichte schon am 19. Juli 2015 vor zahlreichem Publikum offiziell eröffnet.

Am 22. Juli 2015 wiederholte sie ihren Vortag exklusiv für uns Gewerkschafts-Senioren und –Seniorinnen. So lebhaft und spannend wie Irmgard uns erzählte, konnten wir uns gut vorstellen, wie ihre Großmutter ihr als Kind viel erzählt hatte, was sie für ihr Leben behalten hat, ob es sich um die Beobachtung der Natur handelte oder um gesellschaftliche Zusammenhänge.

Die Großmutter war 1911 aus der Nähe von Mannheim nach Offenbach gekommen, da ihr Mann dort als aktiver und sozial eingestellter Gewerkschafter seine Arbeitsstelle verloren hatte. In Offenbach konnte er bei der vom Arbeiter-Radfahrer-Bund Solidarität initiierten genossenschaftlich organisierten Fa. Frischauf arbeiten, die Fahrräder und Nähmaschinen herstellten. Die Familie fühlte sich durch die freiheitliche Gesinnung in Offenbach sehr wohl. 1933 wurde die Firma jedoch von den Nazis entschädigungslos enteignet. Das Produktionsgebäude gibt es heute nicht mehr. Dort steht heute das neue Postverteilzentrum an der Sprendlinger Landstraße. Die dazugehörigen Wohngebäude für die Arbeiter direkt an der Sprendlinger Landstraße ungefähr gegenüber der Fa. Fredenhagen sind aber heute noch bewohnt.

Der Großvater schenkte Irmgards Mutter eine Frischauf-Nähmaschine, die damit sehr geschickt umgehen konnte und so zum Unterhalt der Familie beitragen konnte. Die Nähmaschine kam mit, als Großmutter, Mutter und Irmgard 1943 nach einem Bombenschaden am Haus in die Rhön evakuiert wurden. Der Vater war in englischer Kriegsgefangenschaft in Ägypten. Die Mutter konnte durch Näharbeiten leichter Lebensmittel bei der Landbevölkerung erhalten, was auch nach Ende des Krieges noch wichtig war, als die Familie schon wieder nach Offenbach zurückgekehrt war. Irmgard schenkte jetzt dem Haus der Stadtgeschichte diese Nähmaschine, die noch voll funktionsfähig ist.