GEW Senioren erkunden Heusenstamm

Stadtgeschichte und mehr

Am 4.10.2016 empfing unser Kollege Gernot Richter unsere Gruppe aus Offenbach-Stadt und –Land mit Gästen aus Hanau und Frankfurt am Bahnhofsvorplatz von Heusenstamm. Der Bahnhof wurde 1898 eingeweiht und ist heute schön renoviert als Restaurant genutzt, in dem wir später unser Mittagessen einnahmen. Die Errichtung der Bahnstrecke war zur Zeit der Industrialisierung wichtig für die Arbeiter, um leichter nach Offenbach zu den Betrieben zu kommen. Durch die Schulstraße führte uns Kollege Richter an der 1880 gebauten  zweiten Heusenstammer Schule vorbei, in der heute die Adalbert-Stifter-Schule untergebracht ist. An Resten der alten Dorfmauer entlang gingen wir südlich der Frankfurter Straße zunächst in „Arme-Leute“-Sträßchen, z.B. die „Gaasegass“, etwas weiter zu gutbürgerlichen Wohnhäusern aus dem 19. bzw. beginnenden 20. Jahrhundert, als sich Heusenstamm immer weiter ausdehnte. Durch den Torbau kamen wir in die Altstadt, die im Wesentlichen durch die Familie Schonborn geprägt wurde. Die Barockkirche St.Cäcilia wurde auf Betreiben der Gräfin Maria Theresia von Schönborn gebaut und 1756 eingeweiht. Architekt war Balthasar Neumann, der auch u.a. die Residenz in Würzburg entworfen hat. Der damalige Bischof von Würzburg war ein Bruder des früh verstorbenen Ehemanns von Maria Theresia. Neben der Kirche ließ Maria Theresia die erste Schule in Heusenstamm bauen. Ihr Sohn Eugen Erwein von Schönborn ließ den prachtvollen Torbau an Stelle des alten Stadttors errichten zur Erinnerung an den Besuch des Kaisers Franz I. aus Wien im Jahr 1764, der anlässlich der Wahl und Krönung seines Sohnes Joseph in Frankfurt zum Römischen König samt Hofstaat eine Woche in Heusenstamm beherbergt wurde. Die Ursprünge von Heusenstamm liegen in einer Wasserburg, deren Reste heute noch hinter dem jetzigen Schloss zu sehen sind. Das älteste Gebäude ist der Bannturm. Die Wasserburg wurde von Waro von Hagen-Husilstam errichtet. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1211, weshalb 2011 „800 Jahre Heusenstamm“ gefeiert wurde. 1661 verkauften die Heusenstammer Herren Burg und Dorf an Ritter Philipp Erwein von Schönborn, der dann die Schlossanlage vor die Wasserburg setzen ließ. Zu einem vierflügligen Bau reichte jedoch sein Geld nicht. 1976 kauft die Stadt Heusenstamm den Schönbornschen Erben die Schlossanlage und den größten Teil des Grundbesitzes ab, „vollendet“ die Anlage mit modernen Elementen und nutzt sie heute für die Stadtverwaltung. Die barocke Gartenanlage vor dem Schloss wird gepflegt. Reste des Herrengartens mit zwei Teichen werden heute als Park genutzt, der bis zur S-Bahn-Strecke reicht. Die Schlossallee führt noch weiter bis zur „Alten Linde“. 

Am Nachmittag besuchten wir das Haus der Stadtgeschichte, das in der Scheune des Zehnthauses untergebracht ist. Das frühere Heimatmuseum konnte nicht mehr in dem innen baufällig gewordenen Torbau bleiben. Die neue Bleibe wurde rechtzeitig zur 800-Jahrfeier umgebaut und renoviert und beherbergt heute die Dauerausstellung „800 Jahre Heusenstammer Geschichte“. Betreut wird diese vom Heimat- und Geschichtsverein Heusenstamm. An der modernen Gestaltung der Ausstellung hat unser Kollege Gernot Richter einen wesentlichen Anteil. Sie beeindruckt durch ihre helle, klare und farbige Gliederung. Besonders lebendig wird die Geschichte durch die Menschen, die sie gestalteten: mittelalterliche Ritter, Erzbischöfe, Kanzler, barocke Grafen, Architekten, Künstler, einfache Menschen des 19.Jahrhunderts (wie sie lebten, welche Rolle für das gesellschaftliche Leben die vielen Vereine und Gastwirtschaften spielten), Unternehmer und Erfinder der Neuzeit (am Beispiel der Fa. Braas). Auch die jüdische Bevölkerung hat ihren Platz in der Ausstellung. Nur zwei junge Frauen entgingen der Vernichtung durch die Nazis, weil sie rechtzeitig in die USA fliehen konnten.

Das Museum ist sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet und nach Vereinbarung (z.B. mit Gernot Richter).