Fahrt in die Gedenkstätte KZ Walldorf

GEW-Senioren der GEW-Kreisverbände Offenbach-Stadt, Offenbach-Land und Hanau

23 Seniorinnen und Senioren aus den GEW-Kreisverbänden Offenbach-Stadt, Offenbach-Land und Hanau machten sich am 27.3.2017 auf den Weg nach Mörfelden-Walldorf, wo am Nordrand von Walldorf an der Grenze zum Gelände des Frankfurter Flughafens eine Gedenkstätte für die Insassinnen der KZ-Außenstelle Walldorf errichtet worden ist. Dort waren vom August 1944 bis zum Wintereinbruch 1700 ungarische Jüdinnen untergebracht, im Alter von 13 bis 40 Jahren, die die Südbahn des Flughafens betonieren mussten, damit dort neu entwickelte Düsenflugzeuge starten und landen konnten, was auf der Grasbahn nicht möglich war. Zu dieser Zeit war aber schon klar, dass Deutschland den Krieg verlieren würde. Diese jungen Frauen waren mit Zügen aus Auschwitz nach Walldorf gebracht worden, weil es dort einige leer stehende Baracken vom früheren Arbeitsdienst gab, die nahe am Flugplatz lagen. Die Frauen mussten schwer arbeiten und bekamen wenig zu essen. Der Zement verätzte ihnen die Haut. Als es kälter wurde, versuchten sie, sich mit dem Papier der leeren Zementsäcke zu schützen, das sie unter die Sommerkleider stopften oder um die Füße banden. Aus nichtigen Anlässen wurden sie verprügelt, was speziell im Keller des Küchengebäudes stattfand. Weil bei Frost nicht mehr betoniert werden konnte, wurden die Frauen gegen Ende 1944 in andere Lager umverteilt, wo viele wegen schlechter Unterbringung noch starben. Das Lager Walldorf wurde dem Erdboden gleichgemacht und Bäume und Sträucher überwucherten die Reste, was dem Großteil der Walldorfer Bevölkerung nur Recht war.

Es wäre ganz in Vergessenheit geraten, wenn nicht einige wenige Walldorfer sich zusammengetan hätten, die Geschichte aufzuarbeiten und die Erinnerung wachzuhalten. Dazu gehörte auch Margit Horváth, die selbst in diesem Lager inhaftiert war, diese Zeit überlebte und etliche Jahre nach Kriegsende in Walldorf ansässig wurde. Die wenigen Tausend DM, die sie als Entschädigung erhalten hatte, waren der Grundstock für die Margit-Horváth-Stiftung, die spätere Projekte finanzierte.  1980 wurde zunächst am Anfang des Weges Richtung Flughafen, der von vielen Spaziergängern benutzt wird, ein Gedenkstein errichtet, im November 2000 ein historischer Lehrpfad eröffnet, auf dem an mehreren Stationen Schautafeln stehen, auf denen vom Lager und der Arbeit auf dem Flugplatz und speziell von einzelnen Frauen aus dem Lager berichtet wird.  Dass das verwirklicht wurde, ist nicht zuletzt der Museumsleiterin von Mörfelden-Walldorf, Frau Cornelia Rühlig, zu verdanken, die intensiv Nachforschungen betrieben hat. In den Deportationslisten der Nazis waren nur die Namen der Frauen und ihr Geburtsdatum vermerkt. Damit wurden in Ungarn die Herkunftsorte gesucht und der weitere Verbleib der Frauen. Die Suche war so erfolgreich, dass bei der Einweihung des Lehrpfades 19 überlebende Frauen anwesend sein konnten. Diese Frauen berichteten von den Foltern im Küchenkeller, den sie aber nicht mehr lokalisieren konnten. Mit Jugendlichen aus den umliegenden Schulen suchte Frau Rühlig den Wald nach Mauerresten ab und fand schließlich das Fundament des Küchengebäudes. Auch bei den Ausgrabungen halfen deutsche Jugendliche und andere Freiwillige, aber auch Enkel von Überlebenden aus dem Lager, die z.T. aus Ungarn, Polen, den USA oder Israel anreisten. Über diesen Mauerresten konnte mit Hilfe der Margit-Horváth-Stiftung (vgl. www.margit-horvath.de ) und etlicher privater Sponsoren ein Gebäude errichtet werden. Als Geldgeber hat sich die Fraport hier   sehr spendabel erwiesen. Dagegen hat die Baufirma Züblin, die 1944 den größten Nutzen im Einsatz der jüdischen Zwangsarbeiterinnen hatte und die es heute immer noch als große Firma gibt, nur zögerlich Zahlungen geleistet, schon gar nicht bei den Überlebenden um Entschuldigung gebeten.

Bei dem neuen Gebäude wird eine einzelne schräg aus der Erde kommende Dachfläche von drei Glaswänden getragen. Es ist so, als sei die Erde  aufgeklappt worden, um in die Vergangenheit schauen zu können. Auf den Glaswänden sind Bilder und Texte von einzelnen Insassinnen angebracht. Der Innenraum kann für Seminare genutzt werden. Wir konnten dort nach einem Rundgang über den Lehrpfad mit Erklärungen von Frau Rühlig noch einen Dokumentarfilm „Die Rollbahn“ sehen. Dieses Gebäude wurde am 25.9.2016 (mehr als 70 Jahre nach dem Leiden der Frauen) als Bildungszentrum der Margit-Horváth-Stiftung eingeweiht. Auch wenn es anfangs von einzelnen Leuten als Glaspalast für die Juden abgetan wurde, ist es mittlerweile bei der Bevölkerung akzeptiert und von Besuchern stark nachgefragt. Die Margit-Horváth-Stiftung kümmert sich nicht nur um die Aufarbeitung der Vernichtung der Juden im Nazi-Deutschland, sondern auch um die Unterstützung benachteiligter und unterdrückter Minderheiten in der Gegenwart, wie z.B. die Roma in Frankfurt.