Erzählcafe am 3. März 2015

Waldcafé der AWO im Hainbachtal

Die Senioren der GEW Offenbach-Stadt trafen sich, um die offiziellen Vertreter der Personengruppe für den Bezirksverband Südhessen und den Landesverband zu wählen.

Dabei wurde Gerda Günther (gerdaguenther@web.de, Tel.069-891489) wieder- und Jürgen Kaminski (angelika.kaminski@t-online.de, Tel. 069-657529) neu gewählt. Die Gruppe verabschiedete ihren langjährigen Vertreter Jürgen Hein mit vielem Dank.

Dieses Treffen bot die Gelegenheit für einen Bericht unseres Kollegen Schukrin, der in Afghanistan aufwuchs und das Glück hatte, dass seine Mutter, obwohl sie früh verwitwet war, Wert auf eine gute Bildung für ihre Kinder legte. Er besuchte ab der 7. Klasse die Deutsche Schule in Kabul und arbeitete nebenher für seinen Lebensunterhalt. Nach dem Abitur studierte er zunächst an der Universität Kabul Mathematik bis er durch Vermittlung der Deutschen Schule ein Stipendium von der Carl-Duisberg-Gesellschaft für ein Ingenieur-Studium in Deutschland erhielt. So kam er 1974 nach Deutschland und konnte nach den vorgeschriebenen Praktika und dem Besuch des Instituts für Fachhochschulbewerber in Wilhelmshaven Maschinenbau studieren. Nach Abschluss als Dipl.-Ing. sollte er eigentlich vereinbarungsgemäß nach Afghanistan zurückkehren. Aufgrund der politischen Situation in Kabul kam eine Rückkehr nicht in Frage und er bewarb sich deshalb frühzeitig um ein Aufbaustudium als Berufsschullehrer in Kassel. Dies wurde genehmigt, weil er das Studium selber finanzierte, unter anderem durch Arbeit im Stahlbau. Dadurch wurde eine befristete Aufenthaltserlaubnis ermöglicht. Nach dem 1. und dem 2. Staatsexamen (als Angestellter) konnte er aufgrund fehlender deutscher Staatsbürgerschaft nicht in den Schuldienst übernommen werden und arbeitete deshalb etliche Jahre als Lehrer in der Industrie, bis er 1992 die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt. Da erst nahm ihn das Land Hessen in den Schuldienst auf. Er war bis zum Eintritt in die Altersteilzeit an der Gewerblich Technischen Schule in Offenbach tätig.

In der Zeit, als er zur Schule ging, war Afghanistan ein offenes und freies Land. Die Frauen konnten in Jeans und Minirock und unverschleiert durch die Straßen gehen, zumindest in Kabul. Dann nahm der Einfluss von ausländischen Staaten immer mehr zu, die verschiedene (auch wechselnde) Gruppen unterstützten, um für sich Vorteile zu schaffen. Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat und hat nie eine nationale Einheit gebildet. So war es nicht schwierig, die verschiedenen Völker und Stämme gegeneinander aufzubringen. Und wie in vielen anderen Ländern auch nutzten einzelne Familien-Clans bzw. Stammesfürsten die Gelegenheit, um sich zu bereichern und politischen Einfluss zu sichern. Dies geschieht bis heute. Unser Kollege sah schon nach Beendigung seines Studiums die negative Entwicklung in seinem Heimatland und kehrte nicht dorthin zurück. Außerdem hatte er inzwischen eine deutsche Frau geheiratet. Viele seiner Geschwister kamen auch nach Deutschland oder in andere europäische Staaten, auch seine Mutter. Einige wenige Male hat er sein Heimatland besucht. Um die Deutsche Schule in Kabul ist heute zur Sicherheit eine drei Meter hohe Mauer gezogen. Überall herrscht Korruption. Er weiß nicht einmal, wem er innerhalb seiner Verwandtschaft vertrauen kann. Es ist traurig, dass in diesem Land, wo es sehr viele Bodenschätze gibt, der Großteil der Bevölkerung immer mehr verarmt. Die einzige Möglichkeit, an dieser Situation etwas zu ändern, sieht unser Kollege in besserer Bildung für die Kinder. Dabei können die westlichen Staaten helfen.